Donnerstag, 13. November 2014

Elke Hübener-Lipkau                                                                         November 2014

Glückssucher

Willst du mich heiraten?, fragt direkt heraus eine Frau einen Mann. Rindsroulade und Schaufensterbummel stellt sie ihm in Aussicht. Zögerliche Überlegungen zu Sparmöglichkeiten bei einer künftig gemeinsamen Wohnung lassen ihn zustimmen. Und nach dem gegenseitigen Versprechen von Treue und schnarchlosen Nächten geht das Paar beschwingt ab – ganz im Glück
Die Mitglieder des Integrationstheaters ZusammenSpiel! vom Teufelssee haben in diesem Jahr das GLÜCK zum Thema ihres Theaterprojekts gemacht. Sie fragen nach: Was ist Glück, wo ist es zu finden und wer hat es?

In kurzen Szenen erzählen die Darsteller von eigenen Erfahrungen und Vorstellungen. Die selbst erdachten Handlungen und Texte sind glaubhaft, sehr bodenständig und erinnern vielleicht manchen Zuschauer an die Erkenntnis, dass Glück auch in den vermeintlich kleinen Dingen stecken kann.
Zum Beweis sorgt die gelungene Pantomime einer Fressorgie mit Schaumküssen für allgemeine Heiterkeit beim Publikum.
Doch auch Situationen, die keineswegs zum Lachen sind, werden in den Focus gerückt.
„Sie müssen doch glücklich sein!“
Das klingt wie ein Befehl und ist auch so gemeint. Zwei Damen reden entrüstet auf einen behinderten Mann ein und rechnen ihm vor, dass er immerhin eine eigene Wohnung besitze, das Essen geliefert wird und sein Arbeitsplatz sicher sei. „Die Arbeit ist Scheiße!“ brüllt der scheinbar Undankbare in den Raum und bietet an, mit ihm zu tauschen, wenn er Tag für Tag Schrauben sortieren soll. Großartig in dieser Rolle Rolf Gutsche.

Viel hat sich getan im Zusammenleben von behinderten und nichtbehinderten Menschen. Niemand will das bestreiten. Aber Inklusion erschöpft sich nicht im Anbau einer Rampe für Rollstuhlfahrer.
ZusammenSpiel! unter bewährter Leitung des Regisseurs Axel Tröger zeigt seit 13 Jahren, wie es gehen kann. Die Akteure nehmen einander ernst und manch heikle Situation leicht. Sie haben gelernt, das Leben zu meistern. Ihre Vorstellungen von GLÜCK sind vielfältig und ideenreich äußern sie sich zu ihren berechtigten Ansprüchen.

„Zu essen hätten sie dir gegeben, aber im Kopf hätten sie dich verhungern lassen.“ Dieser Satz hat mich erschüttert und das mutige Aufbegehren der scheinbar Schwachen, die sich nicht mehr abspeisen und zur Dankbarkeit zwingen lassen wollen, berührt zutiefst.
Wer glaubte, zu wissen, was Glück ist, ging am Sonntag, den 2. November 2014 sehr nachdenklich aus dem Saal des Bürgerhauses am Schlaatz.

Am 13. 11.2014 wird es noch eine Vorstellung in der Evangelischen Grundschule Potsdam geben, Rudolf-Breitscheid-Str. 21.
Danach beginnt schon Ende November die neue Spielzeit. Ideen für das nächste Stück werden gesammelt, Texte geschrieben, Rollen verteilt und Mitstreiter gesucht. Wer vor oder hinter den Kulissen mitmachen möchte, sollte sich im Haus der Begegnung in der Potsdamer Waldstadt, Zum Teufelssee 30 melden. Telefon 0331 2702926.

Das Integrationstheater ZusammenSpiel! ist ein Projekt des Paritätischen Sozial- und Beratungszentrums gGmbH und wird gefördert durch die Deutsche Behindertenhilfe – Aktion Mensch e.V.