Elke
Hübener-Lipkau November
2014
Glückssucher
Willst
du mich heiraten?, fragt direkt heraus eine Frau einen Mann. Rindsroulade und
Schaufensterbummel stellt sie ihm in Aussicht. Zögerliche Überlegungen zu
Sparmöglichkeiten bei einer künftig gemeinsamen Wohnung lassen ihn zustimmen.
Und nach dem gegenseitigen Versprechen von Treue und schnarchlosen Nächten geht
das Paar beschwingt ab – ganz im Glück
Die
Mitglieder des Integrationstheaters ZusammenSpiel!
vom Teufelssee haben in diesem Jahr das GLÜCK zum Thema ihres Theaterprojekts
gemacht. Sie fragen nach: Was ist Glück, wo ist es zu finden und wer hat es?
In
kurzen Szenen erzählen die Darsteller von eigenen Erfahrungen und
Vorstellungen. Die selbst erdachten Handlungen und Texte sind glaubhaft, sehr
bodenständig und erinnern vielleicht manchen Zuschauer an die Erkenntnis, dass
Glück auch in den vermeintlich kleinen Dingen stecken kann.
Zum
Beweis sorgt die gelungene Pantomime einer Fressorgie mit Schaumküssen für
allgemeine Heiterkeit beim Publikum.
Doch
auch Situationen, die keineswegs zum Lachen sind, werden in den Focus gerückt.
„Sie
müssen doch glücklich sein!“
Das
klingt wie ein Befehl und ist auch so gemeint. Zwei Damen reden entrüstet auf
einen behinderten Mann ein und rechnen ihm vor, dass er immerhin eine eigene
Wohnung besitze, das Essen geliefert wird und sein Arbeitsplatz sicher sei.
„Die Arbeit ist Scheiße!“ brüllt der scheinbar Undankbare in den Raum und
bietet an, mit ihm zu tauschen, wenn er Tag für Tag Schrauben sortieren soll.
Großartig in dieser Rolle Rolf Gutsche.
Viel
hat sich getan im Zusammenleben von behinderten und nichtbehinderten Menschen.
Niemand will das bestreiten. Aber Inklusion erschöpft sich nicht im Anbau einer
Rampe für Rollstuhlfahrer.
ZusammenSpiel! unter bewährter Leitung des Regisseurs Axel Tröger
zeigt seit 13 Jahren, wie es gehen kann. Die Akteure nehmen einander ernst und
manch heikle Situation leicht. Sie haben gelernt, das Leben zu meistern. Ihre
Vorstellungen von GLÜCK sind vielfältig und ideenreich äußern sie sich zu ihren
berechtigten Ansprüchen.
„Zu
essen hätten sie dir gegeben, aber im Kopf hätten sie dich verhungern lassen.“
Dieser Satz hat mich erschüttert und das mutige Aufbegehren der scheinbar
Schwachen, die sich nicht mehr abspeisen und zur Dankbarkeit zwingen lassen
wollen, berührt zutiefst.
Wer
glaubte, zu wissen, was Glück ist, ging am Sonntag, den 2. November 2014 sehr
nachdenklich aus dem Saal des Bürgerhauses am Schlaatz.
Am
13. 11.2014 wird es noch eine Vorstellung in der Evangelischen Grundschule
Potsdam geben, Rudolf-Breitscheid-Str. 21.
Danach
beginnt schon Ende November die neue Spielzeit. Ideen für das nächste Stück
werden gesammelt, Texte geschrieben, Rollen verteilt und Mitstreiter gesucht.
Wer vor oder hinter den Kulissen mitmachen möchte, sollte sich im Haus der
Begegnung in der Potsdamer Waldstadt, Zum Teufelssee 30 melden. Telefon 0331 2702926.
Das Integrationstheater ZusammenSpiel! ist ein Projekt des Paritätischen Sozial- und
Beratungszentrums gGmbH und wird gefördert durch die Deutsche Behindertenhilfe
– Aktion Mensch e.V.